4.

DER FRIEDENSVERTRAG UND DIE UNABHÄNGIGKEIT FINNLANDS

Ansprache am 27. Januar 1947 im Reichstag

Der Friede, der jetzt geschlossen wird, beendet jene Periode unglücklicher Phasen, welche damit begannen, daß Finnland in den blutigen Kreis des Zweiten Weltkriegs, des 1939 aufgeflammten Weltbrands, geriet. Indem sie ihr Einverständnis zur Annahme des vor uns liegenden Friedensvertrags gibt, ist die Agrarunion sich über die weittragende Bedeutung des Entschlusses voll im klaren. Wir kennen die schweren Verluste, die der Krieg dem Land gebracht hat und deren bitterster und unersetzlichster Teil die verlorenen Menschenleben sind. Aber wir sind uns auch im klaren darüber, daß das Volk als Ganzes kein Recht hat, alte Wunden aufzureißen und offenzuhalten

-- weder zur Selbstbeschuldigung noch zur Selbstbemitleidung

-- , sondern daß die Blicke kühn in die Zukunft gerichtet werden müssen. Wenn wir also jetzt diesen stark bindenden Entschluß fassen, tun wir dies im Vertrauen auf die oft erprobte Fähigkeit des finnischen Volkes, mit ruhiger Zähigkeit das Verlorene zu ersetzen, auf seine Fähigkeit, mit ehrlicher Arbeit seine Schulden zu bezahlen und mit pausenlosem Eifer eine lebensfähige Zukunft für das Land zu schaffen.

Der finnische Bauer hat oft sein Haus aus den Ruinen erbaut und den Pflug über schon versteppende Felder gezogen Er hat den Mut gehabt, sich auf einer unbewohnbaren Lichtung niederzulassen, und nach einigen Generationen erhob sich auf dem Erdreich des gegen Schwierigkeiten ankämpfenden Siedlers ein Haus, das von Wohlstand zeugt. In der jetzigen Generation fließt das Blut ihrer Vorväter. Sie fühlt die Härte der Friedensbedingungen und die Stärke der Verluste tief. Aber die großen Versuchungen, an denen unsere Geschichte reich ist, haben unsere Generation gelehrt, daß nur emsige, konstruktive Arbeit, Friede und gute Nachbarn uns eine Zukunft garantieren.

Dieser Friedensvertrag schafft die Voraussetzungen für eine gute, dauerhafte Freundschaft zwischen Finnland und der Sowjetunion. Ein großer Teil des Volkes hat gehofft, wie auch in der Begründung der Regierungsvorlage gesagt wird, daß die Voraussetzungen für uns leichter sein würden. Aber wir verstehen mit Hilfe unseres vernünftigen Wirklichkeitssinns die Lage der Dinge, und wir wissen, daß auch das vorhandene Fundament einen festen und haltbaren Ausgangspunkt für eine neue Politik bietet. Die politische Führung des Landes muß zum Wohl des Volkes in der Lage sein, die bisherigen Fehler zu vermeiden, und sie muß auf dem Boden dieses Vertrages einen Weg finden, der in Freundschaft mit den Alliierten Finnland und die Sowjetunion zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit führt. Die finnische Selbständigkeit und Unabhängigkeit galt früher als am besten gesichert, indem man die Ostgrenze befestigte und alte nationale Vorurteile aufrechterhielt. Jetzt müssen wir davon ausgehen, daß die Selbständigkeit und Unabhängigkeit Finnlands sichere Garantien in freundschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion haben, die sich auf beiderseitiges Vertrauen und beiderseitigen Respekt gründen.