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DIE VORBEREITUNG DER KONFERENZ ÜBER SICHERHEIT UND ZUSAMMENARBEIT IN EUROPA

Ansprache am 22. November 1972 in Helsinki anläßlich der Eröffnung der multilateralen Vorbereitungen der Konferenz

In diesem Augenblick richten sich die Erwartungen der Völker Europas auf Ihre Arbeit. Ihre Verhandlungen, deren Zweck es ist, endgültige Voraussetzungen für eine Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu schaffen, sind eine Weiterführung des im Gang befindlichen Verhandlungsprozesses zwischen den Regierungen. Mit seinem Resultat, so hoffen wir, können wir uns endgültig von der Bürde der Vergangenheit befreien und ein neues Zeitalter in den Beziehungen zwischen den Völkern unseres Kontinents beginnen.

Das finnische Volk fühlt die Bedeutung der von Ihnen eingeleiteten Arbeit intensiv. Wir gehören zu den europäischen Ländern in glücklicher Position, die für sich selbst die Möglichkeit gehabt haben, sich voll vom schweren Erbe des Zweiten Weltkriegs zu befreien. Unser Friedensvertrag, der etwa genau vor einem Vierteljahrhundert in Kraft trat, gute und freundschaftliche Beziehungen, die mit unseren Nachbarn zu schaffen uns gelungen ist, sowie unsere Mitgliedschaft in der Familie der Vereinten Nationen haben für Finnland vorteilhafte Voraussetzungen für die nationale und internationale Entwicklung geschaffen. Im Verlauf einer Politik der friedenswilligen Neutralität und guter Nachbarschaftsbeziehungen hat das finnische Volk schon vor Jahren seinen Platz in Europa und in der Welt gefunden. Die mit konsequenter Arbeit aufgebaute finnische Neutralität ist im europäischen Gleichgewichtssystem zu einem positiven und bleibenden Bestandteil geworden.

Dennoch fühlt das finnische Volk als europäische Nation tief den Druck gegenseitiger Furcht und Unsicherheit, der auf unserem Erdteil liegt. Mit um so größerem Grund und mit Freude begrüßen wir jedes Zeichen des Zurückweichens der zu ihrer Zeit aufgebauten Vorurteile und veralteten Befürchtungen. Das Zustandebringen einer Konferenz über europäische Sicherheit und Zusammenarbeit wird das bislang ermutigendste Versprechen eines neuen Zeitalters sein.

Als die finnische Regierung vor dreieinhalb Jahren Helsinki als Ort der multilateralen Vorbereitung vorschlug, war es unser Ziel, der internationalen Zusammenarbeit einen Dienst zu tun, der gerade in unsere Situation und unsere Ressourcen hineinpaßte. Wir haben uns danach an allen vorbereitenden Gesprächen mit allen betroffenen Regierungen beteiligt. Diese Gespräche erwiesen sich als kompliziert und anstrengend. Sie setzten Geduld, Einigungsbereitschaft und guten Willen bei allen daran teilnehmenden Regierungen voraus. Die von uns geführten Gespräche haben von uns überdies Konsequenz gefordert. In ihrem Verlauf hat die finnische Regierung wieder und wieder konstatieren müssen, daß es nur dann möglich ist, zu einem Einverständnis zu kommen, wenn man voneinander abweichende Ansichten und die verschieden gelagerten Interessen der einzelnen Staaten ausgleicht. Das Finden von Einverständnis, ein Consensus, ist das einzige Verfahren, mit dem man auf einem Weg vorankommen kann, der zu mehr Entspannung und Zusammenarbeit führt. Jetzt haben wir eine Etappe erreicht. Das finnische Volk ist befriedigt und stolz darüber, daß die für Europas Frieden und Sicherheit verantwortlichen Regierungen unsere Dienste nutzen wollen.

Den Beginn der multilateralen vorbereitenden Gespräche kann man mit vollem Grund als historisches Ereignis betrachten. Namens des Gastgebers Finnland möchte ich noch einmal konstatieren, daß wir die Initiativen und Maßnahmen der einzelnen Regierungen, welche diese Gespräche ermöglicht haben, hoch schätzen. Das heute erreichte Ziel bedeutet den Beginn einer neuen Phase, von der wir hoffen, daß sie zu permanenten, positiven Ergebnissen führt. Ihre Aufgabe ist es, die auf die Konferenz gerichteten Hoffnungen in reale Ergebnisse umzuwandeln, zugunsten des Friedens, der Sicherheit und der Zusammenarbeit der Völker Europas.